Das Jahr 2025 markiert ein bedeutendes Jubiläum: Seit 50 Jahren bestehen diplomatische Beziehungen zwischen China und der Europäischen Union. Diese Zeit war geprägt von wachsendem Handel, politischem Dialog und kulturellem Austausch. Trotz der gegenwärtigen geopolitischen Spannungen bleibt die Partnerschaft von essenzieller Bedeutung für beide Seiten. Hier soll es aber heute nicht um die große Politik gehen, sondern um die ganz persönlichen Erfahrungen zweier Europäer in China.
Juan Carlos Arlandy Rodríguez: „Wir sind füreinander wichtiger, als wir denken“
Der Spanier Juan Carlos Arlandy Rodríguez kannte China bereits von Reisen in den Jahren 2011 und 2017, als er 2022 seine Arbeit als Handelsattaché im Wirtschafts- und Handelsbüro der Spanischen Botschaft in Beijing aufnahm. „Ich helfe ausländischen Firmen, mit chinesischen Unternehmen Geschäfte zu machen – hauptsächlich spanischen Firmen“, beschreibt der Wirtschaftswissenschaftler seinen Tätigkeitsbereich.
Bevor sein Vertrag endet, hat er noch viel vor: „Diesen Sommer werde ich die Provinzen besuchen, die ich noch nicht gesehen habe“, sagt der Handelsattaché, der im Anschluss zunächst wieder für drei Jahre in Spanien arbeiten wird. „Danach will ich wieder nach China kommen und so viele Städte wie möglich besuchen.“
Im Sportzentrum von Changchun: „Das Foto entstand am Vortag eines Treffens mit Geschäftsleuten, die spanischen Wein kaufen wollten.“ (Foto: Privat)
Sein Start in China schien zunächst nicht der Beste zu sein. „Als ich gerade angekommen war, vergaß ich meine Tasche samt Reisepass in einem Restaurant. Später bemerkte ich es und bekam große Angst. Ich bin so schnell ich konnte zum Restaurant zurückgelaufen“, erzählt Rodríguez und beschreibt dann lächelnd die wunderbare Wendung. „Als ich reinkam, sah mich die Besitzerin mit einem großen Lächeln an. Sie war so nett zu mir und gab mir die Tasche mit all meinen persönlichen Sachen zurück.“
Die Frage, ob er zunächst einen Kulturschock erlitten habe, bejaht der erfahrene Händler. „Aber ich hatte keine Angst davor. Im Gegenteil – ich habe es sehr genossen. Kulturen sind verschieden. Die Chinesen machen die Dinge auf ihre eigene besondere Art, die mir gefällt. Wenn sie merken, dass man gute Absichten hat, sind sie ehrlich.“ Er liebe an China vieles: „Die Menschen, das Lächeln in ihren Gesichtern und die Art, wie sie Dinge tun.“ Und er liebe natürlich das Essen, gesteht er lächelnd und zählt schnell ein paar seiner zahlreichen Lieblingsgerichte auf: „Zum Frühstück esse ich gerne Hirsebrei, zum Mittagessen Teigtaschen und als Abendessen liebe ich Feuertopf.“ Die Fahrweise mancher Einheimischer möge er dagegen weniger: „Nun ja, in großen Städten fahren einige Auto- und Motorradfahrer wie verrückt. Das ist sehr gefährlich, wenn man zu Fuß unterwegs ist.“
Juan Carlos Arlandy Rodríguez in Ciqikou, der Chongqinger Altstadt. „Man hat mich in China überall außergewöhnlich freundlich behandelt“, sagt der Spanier. (Foto: Privat)
Rodríguez sieht Gemeinsamkeiten zwischen Chinesen und Spaniern: „Chinesen interessieren sich sehr für neue Kulturen und andere Arten, Dinge zu tun. Das ist in Spanien ähnlich. Ich finde das wunderbar!“ China und Europa seien füreinander „viel wichtiger, als wir denken“, betont der Globetrotter. „Wir können uns in der Welt nicht isolieren. Im Gegenteil – China hat uns viel zu zeigen. Das Land hat eine lange Geschichte und wir können viel voneinander lernen.“
Strategiebesprechung während eines großen Fußballturniers in Beijing – von links nach rechts: Juan Carlos Arlandy Rodríguez, Héctor Villagrán Cepeda, Professor an der Beijing Language and Culture University, und Christian Mancheno, Minister der Botschaft von Ecuador in Beijing. (Foto: Nils Bergemann)
Er könne es sich durchaus vorstellen, erneut in China zu leben. „Ich denke darüber nach, wiederzukommen. Es gibt hier viele Geschäftsmöglichkeiten und die Chinesen sind offen für Neues“, sagt der Spanier. In China habe er etwas sehr Wichtiges gelernt: „Wenn man Menschen gut behandelt, geben sie einem Liebe und Fairness zurück – auf eine Weise, die man sich nie vorgestellt hätte.“
Es sei in China nach wie vor wichtig, etwas Chinesisch zu beherrschen, selbst wenn man nur wenig spreche. „Chinesen schätzen es sehr, wenn man sich bemüht, die Landessprache zu sprechen. Manchmal wollen sie mit einem Englisch reden, aber wenn man Chinesisch spricht, merken sie, dass man sich bei ihnen wirklich wohlfühlt.“
In seiner Freizeit spielt der sportliche Spanier im Club „北京 Inti-Tlachtli AF“ mit Chinesen und anderen Ausländern Fußball. Für ein Freundschaftsspiel reiste er im Sommer 2023 nach Hohot im Autonomen Gebiet der Inneren Mongolei. „Das mongolische Team hatte uns eingeladen und alles organisiert. Wir kämpften uns damals nach einem 0:3 zum Gleichstand zurück und gewannen schließlich 6:4. Die Schlacht beim Spezialitätenessen ging dann aber unentschieden aus“, erzählt er und lacht.
Alexandre Francisco Malheiro de Aragão: „Die größte Herausforderung ist die kulturelle Übersetzung“
Der Portugiese Alexandre Francisco Malheiro de Aragão las mit elf Jahren „Marco Polo“: „Dieses Buch weckte meine Leidenschaft für China. Ich habe immer wieder darin geschmökert. Mein ganzes Leben lang war ich neugierig und las mich in Chinas Kultur und Geschichte ein.“ 1997 sei er erstmals in Macao gewesen und habe die Gelegenheit genutzt, kurz nach Hongkong und aufs chinesische Festland nach Zhuhai zu reisen.
„Meine erste Auslandserfahrung machte ich schon als Kleinkind, als ich mit meinen Eltern in Mosambik lebte“, erzählt der Maschinenbau-Ingenieur. „Als Teenager verbrachte ich mein Highschool-Abschlussjahr in Chicago, später arbeitete ich von 2012 bis 2016 in Angola.“
Nachdem er 2004 ein Jobangebot bei Ikea in Shenzhen aus familiären Gründen ablehnen musste, sei 2019 dann endlich sein „Traum vom Leben in China“ wahr geworden. „Ich arbeite jetzt für eine portugiesische Baugruppe, die in Europa, Afrika und Südamerika tätig ist. In Beijing leite ich unsere chinesische Niederlassung, ein Handelsunternehmen, das Ausrüstung und Materialien aus China für unsere Baustellen weltweit beschafft.“
Alexandre Francisco Malheiro de Aragão (Mitte mit Mikrofon) auf dem Global Sustainable Transport Forum 2023 in Beijing. (Foto: Privat)
Da er mit Menschen von verschiedenen Kontinenten zusammenarbeite, müsse er seinen Arbeitsplan entsprechend anpassen, sagt er. „Nicht selten habe ich um vier Uhr morgens Meetings.“ Er habe erkannt, dass seine größte Herausforderung die „kulturelle Übersetzung“ sei. „Obwohl wir Englisch sprechen, werden Probleme oft missverstanden, was zu Fehlern führen kann. Deshalb führe ich detaillierte Checklisten, um sicherzustellen, dass alle auf dem gleichen Stand sind.“ Die Menschen richtig anzusprechen und rechtzeitig Feedback einzuholen, sei ebenso wichtig.
Für das tägliche Leben und Geschäfte müsse man nicht Chinesisch sprechen, aber wenn man „Teil der Gemeinschaft sein möchte schon“, betont der stolze Vater von zwei erwachsenen Söhnen und zweifache Großvater. „Die Nuancen in Kommunikation, Kultur und Gewohnheiten können nur durch Beherrschung der Sprache verstanden werden“, ist er überzeugt.
*Nils Bergmann ist studierter Journalist mit langer Erfahrung als Redakteur und Kommunikationsexperte bei Verlagen und anderen Unternehmen. Zuletzt arbeitete er fünf Jahre lang für die China Media Group. Weiterhin in Beijing lebend unterrichtet er seit 2023 Deutsch, Sprachwissenschaften und Wirtschaft an der University of international Business and Economics.
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