Kommentar: Die US-Regierung stürzt die Weltwirtschaft in eine große Krise

Die US-Regierung stürzt die Weltwirtschaft in eine große Krise. Es ist reines Chaos, was die Spitzenpolitiker in den Vereinigten Staaten derzeit betreiben. Erst Zölle, dann kurz danach die Aussetzung für 90 Tage. Kein Mensch weiß, was genau das Weiße Haus in einer Stunde verkünden wird. Es herrscht völlige Ungewissheit und das Vorgehen wirkt wenig rational. Wenn ich etwas nicht prognostizieren kann, werde ich keine großen Investitionen tätigen. Das Risiko, mein Geld zu verlieren, ist sehr hoch. Daher scheinen wir uns eher in Richtung einer Ökonomie des Zockens zu bewegen. Day-Trading mit Aktien, aber kein langfristiger Aufbau einer Wirtschaft oder Branche. Um ein Autowerk und entsprechende Investitionen zu rechtfertigen, brauche ich stabile Einkommensströme von 15 oder 20 Jahren. Das ist mit den USA derzeit nicht zu machen.

Also werden einige „leichte“ Verschiebungen vorgenommen, kurzfristige Überbrückungen, um schnell wieder aussteigen zu können, wenn Washington seine Meinung mal wieder ändert. Das ist die eine Seite.

25 Prozent Zölle auf Autos und deren Bauteile: Die USA haben am 3. April in Washington ihre Drohung wahrgemacht. Diese Zölle sollen für alle Automobile und leichten Nutzfahrzeuge gelten, die nicht in den USA produziert wurden. Die zweite Seite ist also, dass Autos in den USA erheblich teurer werden. Damit sinkt die verkaufte Stückzahl, was den US-Automarkt in den nächsten Jahren in eine Rezession treiben wird. Und was für Autos gilt, ist für iPhones und andere Produkte ebenfalls das drohende Szenario. Im Falle von Elektroprodukten ist die US-Regierung ja aber gerade schon wieder zurückgerudert.

 

Prof. Dr. Ferdinand Dudenhöffer im Gespräch mit dem CEO der Mercedes Group, Ola Källenius, beim „New Manufacturing World“-Event in Stuttgart am 11. Juni 2024. (Foto: Interviewpartner)

Wie wird die Autoindustrie reagieren? Ich denke, drei oder vier Prinzipien sollte man hier abwägen. Erstens: keine langfristige Bindung an die USA, sondern eher auf Distanz gehen. Zweitens: mit den stabilen Partnern in der Welt enger zusammenrücken, und dazu gehört China. China ist der größte und wichtigste Markt weltweit. Chinas Autoindustrie wird getrieben von Innovationen. Dort hat das Auto von morgen sein Zuhause. Wer nicht in China mitmischt, verpasst das Auto von morgen. Drittens glaube ich, dass eine Strategie der Kooperation zwischen europäischen Unternehmen der Autoindustrie und chinesischen Partnern eine tragfähige Zukunft einleiten kann. Wir können von China lernen, und das ist wichtig. Neben China sind auch Märkte wie Indien und Vietnam interessant. In Asien liegt meines Erachtens die Zukunft, nicht in den USA.

„Cooperation as strategy“ ist meine Antwort, wenn es darum geht, die Auswirkungen der Zollpolitik auf die Wirtschaft abzumildern. Das ist auch das Thema unserer Konferenz in zwei Wochen in Shanghai bei der CHINA AUTO. Der Abbau der Handelshemmnisse zwischen China und Europa sollte ganz oben auf der Agenda stehen. Die chinesische Seite muss zeigen, dass Investitionen von europäischen Unternehmen in China profitabel und sicher sind. Zwei Grundvoraussetzungen dazu erfüllt China schon heute: Erstens ist China der größte Automarkt der Welt, und er wächst im Gegensatz zu den USA und Europa. Zweitens ist China eine große Tech-Nation geworden. Damit können alle Unternehmen, die in China investieren, vom großen Tech-Know-how vor Ort profitieren und letztlich bessere Produkte bauen. Alles, was wir jetzt noch brauchen, ist Stabilität in den politischen Beziehungen zwischen den beiden großen Regionen. Wenn wir das schaffen, können wir vielleicht die USA vergessen, ohne unruhig zu werden.

*Prof. Dr. Ferdinand Dudenhöffer ist deutscher Autoexperte. Er war lange Direktor bei CAR – Center Automotive Research in Duisburg, bevor er eine eigene Gesellschaft gründete, die Ferdi Research GmbH mit Sitz in Bochum.

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