Energiewende in Datong: Von der Kohlestadt zum Solarvorreiter

Die Frühlingssonne streckt ihre Fühler aus und ergießt sich glänzend über die Solarpanelreihen, die auf dem Areal der nationalen Demonstrationszone Datong für fortschrittliche Photovoltaik-Technologie angeordnet sind. Das Besondere: Noch bis vor einigen Jahren wurde hier in der nordchinesischen Provinz Shanxi Kohle abgebaut. So entstand die weitläufige Senke, auf der heute die Solarzellen wie ein blaues Meer in der Sonne glitzern. Am fernen Horizont drehen sich derweil hoch aufragende, schneeweiße Windräder im Bergwind. Gemeinsam mit den Photovoltaik-Paneelen bilden sie ein Panorama der grünen Energie.

Zwischen den Solarmodulen sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter emsig am Werk, überprüfen sorgfältig jedes einzelne Gerät, um sicherzustellen, dass das Sonnenlicht optimal absorbiert wird und so sauberen Strom erzeugt. So fließt in dieser ruhigen, gut organisierten Umgebung ununterbrochen grüner Strom ins Netz – ein Sinnbild für die Ära der grünen und nachhaltigen Energieversorgung.


Blaue Solarpanels und weiße Windräder – ein schönes Bild für die Ökologie (Foto: Yu Xiangjun)

Vegetation plus Photovoltaik: Ein gutes Match für die Energiewende

Datong hat mit seinen reichen Kohlevorkommen lange einen wichtigen Beitrag zu Chinas Energiesicherheit geleistet und zur wirtschaftlichen Entwicklung des gesamten Landes beigetragen. Doch der langjährige, großflächige Kohleabbau hat auch seine Spuren hinterlassen. Es kam auf rund 1,700 Quadratkilometer Stadtfläche zu abbaubedingten Senkungen. Nach der Umsiedlung der ehemals hier ansässigen Dörfer und ihrer Bewohner blieb nur noch verwüstetes Land zurück – unfruchtbare Böden, verlassene Felder und Waldflächen mit kaum Vegetation.

Doch das durch den Kohleabbau entstandene Senkungsgebiet weist gute Anschlussbedingungen an das Stromnetz auf. Zudem ist das Gelände flach und erfreut sich starker Sonneneinstrahlung. Mit Blick auf die Gegebenheiten hat die lokale Regierung daher eine maßgeschneiderte Lösung entwickelt: die Errichtung eines Photovoltaik-Kraftwerks.

Bereits 2015 stellte die Stadt einen entsprechenden Plan samt Umsetzungsprogramm vor, der staatlich genehmigt wurde. Die nationale Energiebehörde billigte daraufhin Chinas erstes Pionierprojekt für Photovoltaik. Ziel war es, eine Pilotzone für Photovoltaik-Innovationen, ein Testfeld für Spitzentechnologie und einen Standort für fortschrittliche Technologien zu etablieren. Die erste Bauphase begann im September 2015 mit einer installierten Leistung von einer Million Kilowatt. Bis Juni 2016 waren alle Module ans Stromnetz angeschlossen. Und im ersten Betriebsjahr erzeugten sie über 1,6 Milliarden Kilowattstunden Strom. Bis Ende März 2024 hat das Kraftwerk kumulativ 12,4 Milliarden Kilowattstunden Energie produziert, was dem Jahresstromverbrauch von 5,17 Millionen Haushalten entspricht. Damit ist es zu einem grünen Motor für die hochwertige Entwicklung Datongs avanciert.

Im Photovoltaik-Kraftwerk Chenguang, das wir besuchen, gedeihen unter den penibel ausgerichteten Modulreihen Sanddornbüsche und andere Sträucher. Laut Hu Yanbiao, Ingenieur des Kraftwerks, handelt es sich dabei um ein ökologisches Renaturierungsmodell nach dem Muster „Vegetation plus Photovoltaik“. Durch die gezielte Bepflanzung unter den Solarmodulen werde nicht nur das Land im Senkungsgebiet effizient zur Erzeugung sauberen Stroms genutzt, sondern auch das lokale Ökosystem wiederhergestellt, sagt er.

Mittlerweile erreicht die Vegetationsabdeckung hier 98 Prozent – ein Wert, der die effektive Regeneration des lokalen Ökosystems spiegelt. „Die Bepflanzung unter den Solarmodulen mindert keineswegs die Stromerträge. Im Gegenteil: Sie optimiert sogar die Bodenfeuchtigkeit durch Wasserrückhalt. Dies schafft eine Win-win-Situation für Ökonomie und Ökologie“, erklärt Hu.


Ein gutes Match: Panel und Pflanzen (Foto: Yu Xiangjun)

Technologisch auf dem neuesten Stand

Mittlerweile ist das Demonstrationsprojekt in Datong fast neun Jahre in Betrieb. Während dieser Zeit wurden die Solarmodule hier immer wieder modernisiert, um mit dem technologischen Fortschritt Schritt zu halten. Neben fest installierten Panels und solchen mit saisonal verstellbarem Neigungswinkel finden sich hier auch Hightech-Module, die automatisch dem Sonnenstand folgen. Dieser neue Typus von Modulen passt seinen Winkel selbstständig dem Sonnenverlauf an – und das alle 15 Sekunden um 0,1 bis 0,2 Grad. „Dadurch entfallen manuelle Nachjustierungen, was die Personalkosten erheblich senkt“, erklärt uns Hu. „Die neue Technik erhöht sowohl die Lichtumwandlungsrate als auch die Gesamteffizienz der Stromerzeugung. Im Vergleich zu herkömmlichen, unbeweglichen Panels erzeugen diese neuen Module 15 bis 20 Prozent mehr Strom im Jahr.“


Morgenstund hat Gold im Mund: Schon in aller Frühe inspiziert Ingenieur Hu Yanbiao routinemäßig die Solarmodule im Kraftwerk. (Foto: Yu Xiangjun)

Darüber hinaus kommen in der Vorzeigezone auch Drohnen zum Einsatz, vor allem für Inspektion und Brandbekämpfung. Hu sagt: „Unser Kraftwerk bedeckt eine Fläche von mehr als 200 Hektar, was eine Inspektion durch menschliche Arbeitskräfte äußerst zeitaufwendig macht. Der Einsatz von Drohnen schafft da einen deutlichen Effizienzgewinn.“ Angesichts des relativ trockenen, windigen Klimas in Datong setze man auch Feuerlöschdrohnen ein. „Denn im Brandfall gerät die Situation schnell außer Kontrolle. Aufgrund ihrer schnellen Reaktionsfähigkeit und ihres präzisen Steuerungssystems können Drohnen Brandgefahren in Echtzeit erkennen und sofort die nötigen Maßnahmen durchführen, was sowohl die ökologische Sicherheit unseres Projekts als auch den stabilen Betrieb gewährleistet“, sagt der Ingenieur.

Um die technologischen Möglichkeiten beim Betrieb des Kraftwerks noch besser auszuschöpfen, hat man schon in der ersten Bauphase ein eigenes Überwachungszentrum eingerichtet, das ein digitalisiertes, informationsbasiertes und fachspezifisches Management ermöglicht. Mithilfe von Cloud Computing, Big Data, räumlichen Geoinformationen, 3D-GIS und anderen Informationstechnologien der neuen Generation kann das Zentrum verschiedene Anlagen, Schlüsselknoten und Kernindikatoren des Kraftwerks in Echtzeit überwachen und analysieren. Dies ermöglicht ein professionelles Management, was für bessere Photovoltaik-Produkte sorgt, der Umwandlungseffizienz dient und auch für das allgemeine Managementniveau der Branche von großer Bedeutung ist.

Umweltbewusstsein prägt Chinas nachhaltige Entwicklung

Klares Wasser und grüne Berge sind so wertvoll wie Gold- und Silberberge.“ Der Ausspruch ist in China mittlerweile zu einem geflügelten Wort geworden. Er stammt von Staatspräsident Xi Jinping, der das Credo bereits 2005 vorstellte, damals noch in seiner Rolle als Parteisekretär von Zhejiang, genauer gesagt bei einer Ortsbegehung des Dorfes Yucun im Kreis Anji der Provinz. Das ist nun genau 20 Jahre her. Mit dem Ausspruch unterstrich Xi die Wichtigkeit, einen angemessenen, grünen Weg in der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung des Landes einzuschlagen. Und der wird heute erfolgreich beschritten.

Die Idee der grünen Entwicklung ist längst zu einem Kernkonzept des chinesischen Fortschritts und Wachstums gereift. In ihrem Tätigkeitsbericht 2025 rief die Regierung entsprechend dazu auf, die Kohlenstoffemissionen weiter zu reduzieren, die Umweltverschmutzung noch stärker einzudämmen und koordiniert für mehr grüne Entwicklung zu sorgen, um die umfassende grüne Transformation des Landes zu beflügeln, wirtschaftlich wie gesellschaftlich. Es gelte, das System der ökologischen Zivilisation noch gründlicher zu reformieren und die Regulierung der Industriestruktur, die Beseitigung von Verschmutzung, den Schutz der Ökosysteme und die Begegnung des Klimawandels einheitlich zu planen. China setzt also auf eine Entwicklung, die der Ökologie Vorrang gibt und die sparsame, intensive Ressourcennutzung voranbringt. Das Motto lautet: grüner, kohlenstoffarmer Fortschritt.


Säuberlich angeordnet: Die Solarmodule in der nationalen Demonstrationszone für fortschrittliche Photovoltaik-Technologie in Datong. (Foto: Yu Xiangjun)

Als Vorreiter der chinesischen Energiewende hat Shanxi in den letzten Jahren konsequent den Aufbau eines neuen Energiesystems als Ziel verfolgt, wobei die Provinz geschickt sichere, stabile Stromversorgung mit der kohlenstoffarmen Transformation verbindet. Insbesondere Wind- und Solarenergie werden in der Provinz stetig ausgebaut, was die Energierevolution weiter vertieft hat. Statistiken zufolge lag die installierte Kapazität erneuerbarer Energien in Shanxi Ende 2024 bei fast 62 Millionen Kilowatt, was knapp über 50 Prozent der provinzweiten Stromerzeugungskapazität entspricht. Und die grüne Reform zeigt bereits messbare Erfolge: So stieg der Anteil der Tage mit guter Luftqualität 2024 auf 74,2 Prozent, noch einmal ein Plus von 2,9 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr.

Neben ökologischen Verbesserungen eröffnet die Energiewende auch neue Chancen für die digitale Wirtschaft. Laut dem „China Comprehensive Computing Power Index 2024“ rangiert Datong mittlerweile auf Platz 3 in Sachen KI-Rechenleistung unter 295 chinesischen Städten. Zhao Li, eine Beamtin der politischen Forschungsabteilung des städtischen Parteikomitees der Stadt, betont in diesem Zusammenhang, dass im Bereich Rechenleistung letztlich die Stromversorgung den Ausschlag für die Wettbewerbsfähigkeit gebe. Neben Kohlekraft verfüge Datong nun auch über Wind- und Solarenergie, Geothermie und andere diversifizierte Industrien im Feld der neuen Energien, die dazu beitrügen, den Ort nicht nur zu einer Rechenleistungsstadt, sondern auch zu einem wichtigen Stützpunkt des nationalen Projekts „East Data, West Computing“ auszubauen. Bei diesem Projekt handelt es sich um ein im Februar 2022 ins Leben gerufenes Megaprojekt zur Einrichtung von acht nationalen Rechenzentren und zehn nationalen Rechenzentrums-Clustern, um mehr Rechenressourcen aus Ostchina in die weniger entwickelten, aber ressourcenreichen westlichen Regionen des Landes zu verlagern.

Dank der Energiereform hat die einstige „Kohlestadt“ Datong also einen beeindruckenden Wandel vollzogen. Künftig wird Shanxi die organische Verbindung von grüner Energieentwicklung und Umweltschutz weiter vorantreiben, um einen wesentlichen Beitrag zu Chinas grüner Wende zu leisten.